Kapitel 2: Die Matriarchin
Die Sonne ging langsam am Horizont unter, der Himmel über Thessia leuchtete pfirsichfarben. Die eleganten, spitzen Gebäude spiegelten diese Farbe wieder, die Matriarchin Reesa beobachtete das beeindruckende Bild vom obersten Balkon des Justikarinnen-Tempels aus.

Sie trug eine enge, violette Kutte und eine ebenso violette Kapuze auf ihrem rosafarbenen Haupt. Es gab nur sehr wenige Asari mit rosafarbener Haut und jede von ihnen war dazu bestimmt, eine Matriarchin zu werden. Doch Reesa war keine gewöhnliche Matriarchin. Sie war dem Orden der Justikarinnen übergeordnet und sorgte dafür, dass in diesem alles funktionierte. Vorfälle im Orden selbst gab es selten. Dies war vor allem dem Eid der Unterordnung zu verdanken, welcher dafür sorgte dass Justikarinnen kontrollierbar blieben. Zwar gab es immer wieder ein paar Sonderfälle welche meist ein blutiges Ende fanden, doch im Großen und Ganzen funktionierte dieses System.

Doch dies war nicht immer der Fall. Vor dreizehn Jahren gab es eine Justikarin, welche gegen den Kodex der Ordens verstoßen hatte. Eine Justikarin, welche den geschworenen Eid gebrochen hatte. Denn diese Justikarin hatte ihr eigenes Volk verraten. Der Name dieser Justikarin war Zoyana Arden. Während Reesa ausdruckslos den pfirsichfarbenen Horizont beobachtete dachte sie an die Ereignisse vor dreizehn Jahren zurück.

Damals war es spät in der Nacht, keine einzige Asari war im Tempel gewesen. Irgendwo im Tempel gab es ein seltenes Artefakt welches als der Nova-Orb bekannt war, eine Art Biotik-Verstärker. Es handelte sich dabei um eine durchsichtige Glaskugel, in deren Mitte ein nie endender biotischer Sturm herumwirbelte. Die Kugel wurde vor langer Zeit in den Ruinen einer alten Protheaner-Mine gefunden, irgendwo auf einem umherschwirrenden Asteroid. Es wurde beschlossen dass die Kugel vom Orden der Justikarinnen im Tempel versteckt werden musste. Denn wie sich herausstellte waren normale Asari nicht in der Lage, die Kugel auch nur zu berühren ohne einem biotischen Herzstillstand ausgesetzt zu werden. Nur die mächtigsten Asari, also die Justikarinnen und Matriarchinnen waren dazu in der Lage, denn ihre eigene biotische Stabilität war noch stärker als die der Kugel.

Als direkte Vorgesetzte des Justikarinnen-Ordens lebte Reesa im obersten Stockwerk des Tempels. Sie eingeschlossen gab es nur wenige Matriarchinnen, welche vom Aufenthaltsort der Kugel wussten und das sollte auch so bleiben. Doch eines Tages unterlief Reesa ein Fehler. Eine ihrer ehemaligen Schülerinnen namens Zoyana erfuhr von der Kugel. Inzwischen war diese zwar zu einer Justikarin ausgebildet worden, doch ihre Interesse an der biotischen Kraft verlor sie nie. Zoyana war für ihre skrupellosen Wege bekannt, mit der sie Probleme beseitigte. Eine Eigenschaft, welche sie mit vielen anderen Justikarinnen teilte.

Seit sie das erste Mal von der Kugel hörte schien sie ein enormes Interesse an Reesa zu haben. Diese war immer vorsichtig und abweisend wenn Zoyana sie darauf ansprach und ihr versicherte, sie würde nur gerne mehr darüber wissen. Doch irgendwann unterlief ihr der entscheidende Fehler und sie gab nach. Zwar erzählte sie ihr nicht vom Aufenthaltsort der Kugel selbst, jedoch gab sie Zoyana einen zu offensichtlichen Hinweis darüber als sie sagte dass das Artefakt irgendwo über den Sternenhimmel von Thessia wacht.

[Optionale Musikuntermalung für diese Szene]

Das Artefakt lag in einer Kammer auf dem Dach. Dem Dach des Tempels der Justikarinnen. Das wusste Reesa und das wusste nun auch Zoyana. Reesa, welche sich ihres Fehlers bewusst war ging noch in der selben Nacht auf das Dach des Tempels um die Kugel an einen anderen Ort zu bringen. Doch als sie oben ankam war Zoyana bereits dort und hatte die Kugel in ihren gierigen Händen. Als sie Reesa sah grinste sie mit einem Gesicht wie diese es noch nie gesehen hatte.

„Wieso tust du das, Zoyana?“ fragte Reesa kalt. Ausdruckslos blickte sie die Justikarin an, wütend auf sie, aber auch wütend auf sich selbst. Es war schließlich ihr selbst zu verdanken dass Zoyana den Aufenthaltsort des Artefakts gefunden hatte.

„Na, warum wohl?“ fragte Zoyana zurück. Sie hielt die Kugel mit der rechten Hand fest und blickte sie grinsend an. „Mit diesem Teil hier werde ich eine der mächtigsten biotischen Kriegerinnen überhaupt!“ sagte sie laut. „Damit steht meiner Rache nichts mehr im Wege!“

Reesa blieb absolut ruhig und ausdruckslos. „Keine Asari sollte über eine solche Macht verfügen, selbst wir Matriarchinnen nicht“ sagte sie. „Du hast den ersten Eid der Unterordnung geschworen, Zoyana. Wenn du den Nova-Orb stiehlst widersetzt du dich deinem Kodex.“ fuhr sie fort. „Dann wirst du als abtrünnige Asari zum Tode verurteilt und Justikarinnen werden dich bis zu deinem Lebensende verfolgen.“

„Denkst du wirklich das stört mich?“ gab Zoyana nach wie vor grinsend zurück. „Sollen sie ruhig kommen. Damit mach ich sie ohnehin alle kalt!“

Mit geschlossenen Augen schüttelte Reesa langsam den Kopf. Dann hob sie ihre linke Hand, worauf zahlreiche Asari-Soldatinnen aus allen Richtungen kamen. Sie alle waren mit Gewehren bewaffnet und zielten auf Zoyana. Das Grinsen war aus deren Gesicht verschwunden. Sie blickte sich um, dann wieder zur Matriarchin.

„Hast du mir nicht zugehört?“ fragte sie ausdruckslos. „Es ist zu spät, Meisterin!“

Mit der rechten Hand umklammerte Zoyana den Nova-Orb mit festem Griff, mit der linken zielte sie auf Reesa und schoß. Diese erwiderte die Geste und riss ihre Hände nach vorn. Beide Asari entfachten einen enormen biotischen Sturm, mächtige blaue Energiewellen prallten aufeinander und ein unglaublich lauter Knall beendete die Stille der Nacht. Blaue Blitze schlugen um den Nova-Orb und verstärkten Zoyanas Sturm zunehmend, langsam wurde Matriarchin Reesa zurückgedrängt.

„Feuer!“ schrie Reesa, welche nun alles andere als ausdruckslos war. Mit großer Anstregung versuchte sie Zoyanas biotischer Druckwelle standzuhalten. Die Asari-Soldatinnen eröffneten das Feuer, die Geräusche zahlreicher schießender Gewehre ergänzten die knallenden Blitze der Biotik-Druckwellen. Doch die Geschoße prallten an Zoyanas biotischem Schutzschild ab als wären sie aus Gummi.

Mit letzter Kraft entfachte Reesa erneut eine Druckwelle, dieses Mal so stark wie nie zuvor. Diese Welle kam gegen die von Zoyana an und ein markerschütternder Knall berichtete vom Aufprall der beiden Angriffe. Die biotische Detonation war derart stark dass das Dach des Tempels in sich zusammenstürzte. Sowohl Zoyana als auch Reesa und die Asari-Soldatinnen stürzten in die Tiefe.

Zoyana lag zwischen den Trümmer des Daches. Sie hustete und keuchte, doch war sie unversehrt. Anscheinend hatte der Nova-Orb sie selbst vor diesem Sturz geschützt. Mit einem biotischen Schub stieß sie die Trümmer über sich weg und kletterte hinaus. Im Tempel herrschte Chaos, überall waren verletzte Soldatinnen. Manche stöhnten und schrien vor Schmerz, andere waren bereits tot. Zoyana blickte herum und durchsuchte das Schlachtfeld nach Reesa. Sie sah sie schließlich auf der anderen Seite des Raumes. Die Matriarchin hatte eine biotische Schutzblase um einige Soldatinnen erschaffen um sie vor weiteren herabfallenden Brocken zu schützen. Sie war abgelenkt und bemerkte nicht einmal, dass Zoyana sich bereits befreit hatte.

Diese nutzte den Augenblick und stürmte mit einem biotischen Schub aus einer Öffnung in der zusammengebrochenen Halle zum Ausgang. Draußen waren bereits zahlreiche weitere Soldatinnen im Anmarsch, doch Zoyana wischte bloß einmal locker mit der Hand und stieß die Asari wie Fliegen zur Seite. Mit einem vorbereiteten Shuttle konnte sie aus der Gefahrenzone fliehen und Thessia verlassen. Aus einem der Fenster blickte sie auf den immer kleiner werdenden Planeten zurück. Dann senkte sie ihre Augen und betrachtete die Kugel in ihrer Hand. Sie grinste. Damit würde sich alles ändern. Damit könnte sie sich endlich rächen.

[Ende der optionalen Musikuntermalung]

Ausdruckslos starrte Reesa in den Sternenhimmel. Die Sonne war auf Thessia mittlerweile untergegangen. Über dreizehn Jahre war das nun her. Der Tempel konnte zwar schnell neu aufgebaut werden, doch war das angesichts der Umstände ein schwacher Trost für die Matriarchin. Justikarinnen hatten fast überall in der Galaxie nach Zoyana gesucht, doch gefunden hatten sie sie nie. Lediglich in die Terminus-Systeme wagten sich die Justikarinnen nicht vor. Einerseits waren diese außerhalb ihres natürlichen Einsatzgebietes, andererseits wurden sie an wichtigeren Orten gebraucht.

Trotz der klaren Niederlage gegen Zoyana war Reesa gleichzeitig auch froh, nie etwas von einer Asari-Justikarin mit unglaublichen biotischen Kräften gehört zu haben. Sie wusste nicht weshalb, aber sie wusste dass irgendetwas schiefgelaufen war. Es könnte sogar sein dass Zoyana nicht mal mehr am Leben war. Darauf konnte sie jedoch nicht vertrauen und das wusste sie.

Als die Matriarchin sich vom Balkon abwandte und das Innere des Tempels betrat ging sie einige Schritte durch den Raum. Es war ihr persönliches Zimmer über dem Tempel selbst, doch war er nur mit wenigen Möbel ausgestattet. Außer einem großen Bett und einem Spiegel gab es lediglich ein paar lederne rote Sessel. Eine große weiße Tür trennte den Raum von einer Treppe, welche in die unteren Geschoße des Tempels führte.

Reesa ging über die Treppen hinunter und erreichte den großen Hauptsaal des Tempels. Der Raum an dem vor dreizehn Jahren die Decke einstürzte. In der Mitte des Raumes blieb sie stehen und wartete. Nach einigen Minuten näherte sich ihr ein dünne Gestalt. Es war eine dunkelblaue Asari mit enger, schwarzer Kleidung, ihre Kopftentakel wurden von einer ebenso schwarzen Kapuze überdeckt. Als sie die Matriarchin erreichte blieb sie stehen und kniete vor ihr nieder.

„Matriarchin Reesa, es ist wie immer eine Ehre“ sagte sie. Reesa nickte und bot ihr mit einer einfachen Handbewegung an, sich zu erheben. „Ist es soweit?“ fragte sie.

„Ja, meine Matriarchin“ antwortete die Asari mit der Kapuze. „Die Asari-Assassinen sind endlich ausgebildet, bewaffnet und einsatzbereit für ihren Auftrag in den Terminus-Systemen.“

„Sehr schön“ sagte Reesa mit einem Lächeln auf den Lippen. „Aria mag mit Justikarinnen rechnen und sie von Omega fernhalten. Aber mit einer zehn Jahre lang speziell für diesen Zweck ausgebildeten Gruppe von Asari-Assassinen rechnet selbst sie nicht.“
„Wenn sie tatsächlich in den Terminus-Systemen ist, dann werden wir sie aufspüren.“ antwortete die Anführerin der Asari-Assassinen. Mit einer weiteren Verbeugung verabschiedete sie sich von der Matriarchin und ging den selben Weg zurück den sie gekommen war.

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Kapitel 8: Die Hydra

Zoyana untersucht ihre
neue Errungenschaft
genauer und findet
einige interessante
Dinge über die
Hydra heraus.
 
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